5. Verhör und Aussageverweigerung

  • Auf der Wache angekommen, werdet ihr als Beschuldigte_r einer Straftat von der Polizei zum Verhör „gebeten“. Wir wiederholen es immer wieder gerne: auf jede noch so bescheuerte Frage ist es das Klügste zu antworten: „Ich verweigere die Aussage!“. Auch kleine und dir unwichtig erscheinende Infos können für die Bullen von Interesse sein. Aussageverweigerung ist dein Recht und kann dir nicht nachteilig ausgelegt werden.
  • Normalerweise werden sie euch am Anfang „zur Person“ befragen. Folgende Angaben müsst ihr machen: – Name – Meldeadresse (Perso) – Geburtsdatum – Geburtsort – und Staatsangehörigkeit. Weitere Fragen wie z.B. Telephonnummer, Familienstand, Spitznamen…solltet ihr nicht antworten. Wer alle Angaben verweigert, wird zur Identitätsfeststellung ED behandelt und muss ein Bußgeld, derzeit von 50€ zahlen.
  • Erste Verhörtechniken setzen oft mit scheinbar unverfänglichen Fragen wie bspw. „Wie lange wohnen Sie denn schon in …?“, „Was studieren Sie denn?“ Lässt man sich einmal auf ein Gespräch ein wird’s schwierig, das ganze wieder zu stoppen. Schnell kommen dann Fragen wie „Was ist denn schon dabei, wenn Sie mir sagen, ob sie mit xy zusammen wohnen?“, „Warum wollen Sie mir denn das nun nicht mehr sagen, steckt da was hinter?“ Deshalb ist es ungemein wichtig, dass ihr außer den Angaben zu den Personalien keine weiteren Angaben macht. Es sei denn: „Ich verweigere die Aussage!“
  • Ihr solltet euch noch einmal in das Gedächtnis rufen, dass es jetzt schlichtweg am einfachsten, am (relativ) „bequemsten“, am (relativ) „schmerzlosesten“, kurz am besten für euch und uns alle ist, total und umfassend gar nichts mehr zu sagen.
  • Gleichwohl gleicht die Art der Behandlung einer Knastsituation, die entsprechenden Stress und Unannehmlichkeiten mit sich bringt. Und dann kann, je nach Entwicklung des Ganzen, der unbedingte Wille, da raus zu kommen, immer stärker werden; die Bereitschaft, dafür etwas zu tun oder preiszugeben wächst. Eventuell rechnet die Polizei damit. Nicht selten werden Gefangene im Unklaren gelassen, was ihnen zu Last gelegt wird (Störer_in oder Straftäter_in) oder die Beamt_innen überraschen mit einem Straftatkonstrukt – werfen bspw. Landfriedensbruch vor – und wollen damit erreichen, dass mensch versucht, sich herauszureden. Und ehe mensch sich versieht, gerät mensch von der einfachen Personalienfeststellung in deren Verhörmaschine.
  • Auch wenn ihr das Gefühl habt, zur Sache etwas sagen zu wollen oder zu müssen – macht es auf jeden Fall nicht jetzt! Das könnt ihr später in aller Ruhe mit Freund_innen, dem EA, der Roten Hilfe und Anwält_innen besprechen. Ihr habt als Beschuldigte_r das Recht, überall – sei es vor der Polizei, der Staatsanwaltschaft und dem Gericht – die Aussage zu verweigern oder gegebenenfalls den Zeitpunkt eurer Aussage – wenn sie denn sein muss – selber zu bestimmen. Eine Aussageverweigerung kann euch in einem Prozess nicht negativ angelastet werden. Macht also den Vernehmer_innen von vornherein klar, dass ihr euch nicht äußern werdet.
  • Da es sich um eine Ausnahmesituation handelt, kann es dir passieren, das du dich doch in ein Gespräch mit den Cops hast verwickeln lassen. Rede hinterher mit anderen darüber, das kann dich erleichtern, vielleicht findet ihr Möglichkeiten, um in ähnlichen Situationen anders reagieren zu können.

Aussageverweigerung

Um die politische Begründung der Aussageverweigerung sind in der Vergangenheit diverse, teilweise recht heftige Debatten innerhalb der Linken geführt worden. Wir wollen und können diese Diskussion nicht vollständig wiedergeben. Nur soviel:

  • Generell ist anzuführen, dass wir aus unserer politischen Haltung heraus, es tunlichst vermeiden wollen, mit diesem Staat, mit seiner Justiz und mit seinen Strafverfolgungsbehörden in irgendeiner Weise zusammenzuarbeiten. Aussagen sind der erste Schritt zur Kooperation, weil damit zumindest eine Anerkennung dieser Justiz, d.h. ihren Spielregeln, ihrer Urteilsfähigkeit und ihrer staatlichen Legitimation einhergeht. Des weiteren müssen wir bei Strafverfahren, die gegen uns bzw. unsere Zusammenhänge geführt werden, davon ausgehen, dass sie vielfach auch ein Teil des politischen Kampfes dieses Staates gegen unsere Ausdrucksformen sind. Oft dienen sie dazu, uns nicht nur abzustrafen, sondern uns zu durchleuchten, einzuschüchtern und wenn möglich auch auszuschalten. Wir haben es oft genug erlebt, dass ungeheuerliche Straftatkonstrukte aufgebaut und bis zum bitteren, ja peinlichen Ende aufrecht erhalten werden, um ein politisch gewünschtes Ziel zu erreichen.
  • Allein aus den Erfahrungen, die wir im Zuge solcher Prozesse gewonnen haben, müssen wir feststellen, dass jegliche Aussagen, die wir vor der Justiz machen, im wahrsten Sinne gegen uns verwendet und den lächerlichsten Konstrukten angeglichen werden können. Sie sind daher brandgefährlich, ein Fass ohne Boden und daher unbedingt zu vermeiden.
  • Trotzdem steht natürlich nicht hinter jedem Verfahren eine konsequente sog. politische Justiz. Und manchmal erscheinen Aussagen im Gerichtssaal sinnvoll. Diese müssen jedoch unserer Ansicht nach immer vor dem vom Staat vorgegebenen juristischen wie politischen Hintergrund seines Strafverfahrens betrachtet und mit anderen besprochen werden. Sie dürfen keine anderen belasten und sollten vornehmlich als unser politisches Instrument (also in der Öffentlichmachung, Politisierung usw.) verstanden werden.

Weiter zu:

  1. Der Ermittlungsausschuss (EA)
  2. Verhalten rund um Aktionen und Demos
  3. Platzverweise
  4. Ingewahrsamnahme und Festnahme
  5. Verhör und Aussageverweigerung
  6. Besonderheiten unter 18 Jahren
  7. Post von der Polizei/ Strafverfolgungsbehörden (Staatsanwaltschaft & Gericht)
  8. Hausdurchsuchung
  9. neues Polizeigesetz