2. Schanzenfest/ Antifa-Demo Nachlese (2009)

Kurz-Bericht EA Hamburg Fr./ Sam.

Sowohl am Freitag (Antifa-Demo), als auch am Samstag (Schanzenfest) gibt es, im Bezug auf den Umgang der Polizei mit Betroffenen von Festnahmen, einige Gemeinsamkeiten, die wir euch nicht vorenthalten wollen.
Zu beiden Ereignissen gab es zahlreiche Polizeiübergriffe und Festnahmen wobei den Festgenommenen ausnahmslos ihre Rechten verweigert wurden.
So versuchte die Polizei oftmals die Kontaktaufnahme mit dem Ermittlungsausschuss (EA) zu verhindern. Auf dem Schanzenfest wurde Personen der Mund zugehalten oder sie wurden zu Boden gestoßen wenn sie den Umstehenden während der Festnahme ihren Namen mitteilen wollten. Auf den Wachen oder in der Gesa („WM-Knast“) wurden selbst auf mehrmalige Nachfrage keine Telefonate gewährt.
Die Anwält_innen des EA wurden nur in wenigen Fällen ermöglicht mit ihren Mandant_innen zu sprechen. Die Taktik der Polizei – zu behaupten die Mandant_innen seien unauffindbar – kann hier aus unserer Sicht nur als Verzögerungstaktik gewertet werden.Einige Anwält_innen haben nun hierzu eine Erklärung veröffentlicht, in der Sie nochmals auf einige Punkte näher eingehen.

„* Ein 16jähriger Demonstrant wurde im Zusammenhang mit der Gegendemonstration zur NPD-Kundgebung am 11.09.2009 noch vor 21:00 Uhr festgenommen. Obwohl der Polizei frühzeitig bekannt war, dass dieser seinen Namen an den Ermittlungsausschuss weitergegeben hatte, bekamen die Anwälte vor Ort ihn erst nach deiner Entlassung gegen 3:30 Uhr zu Gesicht. Seine Eltern wurden zwar frühzeitig benachrichtigt, aber dann stundenlang hingehalten. In der Zwischenzeit war der Betroffene gemeinsam mit Erwachsenen in der Sammelzelle untergebracht. Dort hat ein anderer Festgenommener mitbekommen, wie er dazu genötigt wurde, in eine DND-Untersuchung (Speichelprobe) einzuwilligen, indem man ihm androhte, dass er anderenfalls seine Eltern erst später zu Gesicht bekommen würde. Außerdem wurde er verantwortlich vernommen und ED-behandelt, alles ohne anwaltlichen Beistand – obwohl der Verfahrenssicherung bekannt war, dass längst Anwälte vor Ort waren.

* Ein 18jähriger Beschuldigter wurde am 11.9. noch vor 20:00 Uhr festgenommen und erst gegen 5:00 dem Richter vorgeführt. Obwohl auch er auf der Namensliste des Ermittlungsausschusses stand (was der Verfahrenssicherung bereits um 19:59 mitgeteilt wurde), wurde ihm zu keinem Zeitpunkt ein Kontakt mit den Anwälten ermöglicht.

* Ein 16jähriger war in den frühen Morgenstunden des 13.9. auf dem Nachhauseweg festgenommen worden. Seine Mutter war, nachdem die Polizei sie verständigt hatte, auf die Wache gekommen, um ihren Sohn abzuholen. Dort angekommen, wurde aber weder ihr, noch dem hinzugezogenen Rechtsanwalt ermöglicht, Kontakt mit dem Jugendlichen aufzunehmen. Angeblich war er „nicht auffindbar“. Auch nachdem gegen 5 Uhr morgens zugesagt worden war, dass der Jugendliche nun unverzüglich entlassen werde, passierte nichts. Die Mutter teilte der Polizei mit, dass ihr Sohn regelmäßig um 6:30 Uhr Schilddrüsenmedikamente nehmen müsste. Auch die Zusicherung, dass dieses ermöglicht würde, wurde nicht eingehalten. Nach erneuten, zunehmend nachdrücklichen Interventionen des Anwalts und der Mutter, wurde der Jugendliche schließlich gegen 8 Uhr morgens entlassen.“

Freitag Nacht bekamen lediglich zwei Betroffene die Möglichkeit mit ihren Anwält_innen zu sprechen. Eine_r weil auch die betroffenen Eltern darauf drängten und eine_r weil er_sie besonders hartnäckig darauf bestand. Dies zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist sich auf eine Demo vorzubereiten und auch auf der Wache nicht klein bei zugeben, sondern vorhandene Forderungen selbstbewusst zu vertreten.
Gute Möglichkeiten bieten hierzu zum Beispiel die Broschüre der Roten Hilfe „Was tun wenn’s brennt“ oder auch die Seiten des EA Hamburg.

Am Dienstag, den 15.9.2009, berichtete die Hamburger Presse über einen „22jährigen Schweizer“, der sich in U-Haft befinde. Weiteres ist darüber derzeit nicht bekannt. Bitte meldet euch beim EA Hamburg (040 432 78 778) wenn ihr weitergehende Informationen habt. Der Anrufbeantworter wird regelmäßig angehört.

Über Polizeiübergriffe und verletze Personen haben wir nicht genug Überblick um öffentlich darauf einzugehen. Wie auch in der Vergangenheit rufen wir Betroffene und Zeug_innen auf, sich mit uns in Verbindung zu setzten und uns ggf. Gedächtnisprotokolle zukommen zu lassen. Bitte lest hierzu die Tipps zum schreiben von Gedächtnisprotokollen auf unserer Website (www.ea-hh.org) und schickt die Protokolle NICHT per mail sondern über den Schwarzmarkt (näheres siehe „Kontakte“ auf der Website)!