Rondenbargprozess aktuell – Zusammenfassung

Zusammenfassung der ersten 4  Prozesstage im Rondenbargprozess

Prozesstage sind immer zusammenhängend Donnerstag/Freitag. Donnerstags beginnt der Prozess um 9:30 Uhr, Freitags um 9 Uhr. Es gibt immer eine Kundgebung vor dem Gericht eine Stunde vor Prozessbeginn bis nach dem Prozess.

Eingang für Zuschauer:innen ist der Seiteneingang zu den zwei Staatsschutz Prozessräumen, der ohnehin extrem langsam ist – bislang inkl. Schuhe ausziehen.

Es gibt drei Richter:innen (mit der Vorsitzenden Boddin) zwei Schöff:innen + einen Ersatz. Außerdem 2 x Staatsanwaltschaft (Fr. Meesenburg & Hr. Helfen)

Bei Prozessbeginn am 18.1. geht das Gericht noch von 6 Angeklagten aus. Noch bevor es tatsächlich los geht, trennt Richterin Boddin eine Person ab – mangels Anwesenheit der Angeklagten. Dann teilt sie ihre Sicht auf das Verfahren mit: es werde am Ende möglicherweise nichts übrig bleiben und sei für alle belastend, sie wünschte es wäre nicht so. Es werde um die grundsätzlich schwierige Frage gehen: was darf Protest? Wo sind die Grenzen?

Die Verteidigung stellt einen Einstellungsantrag aus rechtlichen Gründen, dem sich alle Verteidiger:innen angeschlossen haben. Die Angeklagten halten eine gemeinsame politische Prozesserklärung, gefolgt von Opening Statements der Anwält:innen.

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Ausführliche Prozessberichte, Prozesserklärungen, Opening Statements und einiges mehr gibt es hier:
             https://gemeinschaftlich.noblogs.org/  
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Für den weiteren Prozessverlauf kündigt Richterin Boddin an, den Protestforscher Sebastian Haunss als Sachverständigen zu laden, der auch beim Elbchausseeverfahren hinzugezogen wurde.

Im Anschluss an den Prozesstag folgte ein Gespräch, an dem nur die Richter:innen, die Staatsanwaltschaft, die Angeklagten sowie ihre Verteidigung teilnahmen. Ergebnis ist, dass für die Richterin in diesem Verfahren nicht das „Hooligenurteil“ anwendbar ist, sondern eher das Urteil aus dem Elbchaussee Prozess. Die Staatsanwaltschaft würde einer Einstellung des Verfahren bei allen zustimmen, wenn die Angeklagten sich von Gewalt auf Demos distanzieren, sie sollen sich Gedanken zur Versammlungsfreiheit von Rechtsradikalen und dem Eindruck der Zustände bei G20 auf die Bürger:innen machen. Zusätzlich sollen sie eine Geldzahlung tätigen.

Dies teilte die Richterin am 2. Prozesstag mit – und fragte, ob es eine Einigung gäbe.
Die Verteidigung teilt mit, dass allein schon die Zeit nicht gereicht hat. Insbesondere bei einer Angeklagten, bei der die Ausländerbehörde bereits angekündigt hat sie abschieben zu wollen, wenn sie verurteilt wird, muss zusätzlich aufentshaltsrechtlich geprüft werden, ob eine solche Verfahrenseinstellung mit diesen Auflagen der STA überhaupt denkbar wäre.
Aus persönlicher Sicht teilen mehrere Anwält:innen mit, warum sie dieses Angebot der Staatsanwaltschaft eine Frechheit finden, eine Verdrehung dessen, wer im Rondenbarg eigentlich tatsächlich gewalttätig war, es ist eine versteckte Verurteilung ohne Bezug. 
Und warum ein Freispruch wahrscheinlich ist.
Die Richterin beschließt dann, jetzt in die Beweisaufnahme zu gehen, die Staatsanwaltschaft sagt, auf anwaltliche Nachfrage, zu, in der Zwischenzeit bis zu den nächsten Prozesstagen für die Vereidigung ansprechbar zu sein.
Eine am Vortag vom Gericht verteilte ‚Augenscheinsliste‘ mit diversen Stadtplanauschnitten, Bildern und Videos wird an die Wand gebeamt und begonnen anzusehen, um sie offiziell in den Prozess einzubringen – chronologisch ab Volkspark. 
Die Darstellungen werden immer wieder mit Erklärungen von der Verteidigung kommentiert, da klar zu sehen ist, dass alle von der Staatsanwaltschat in die Anklage geschriebenen Zuschreibungen auf die Demo nicht zutreffen: Es sind nicht alle einheitlich schwarz gekleidet, es ist kein einziges vermummtes Gesicht zu sehen, es gibt Transparente und Redebeiträge und ist eine gewöhnliche Demo in mäßigem Tempo, am Ende relativ ausgefranst. Also alles andere als „in Formation marschieren“. Die Angeklagten sind in keinem der Videos zu sehen.
Am 3. Prozesstag, 8.2. sind nur noch zwei Angeklagte mit ihrer Verteidigung anwesend, was sich zum Teil wohl sehr kurzfristig ergeben hat. Eine Angeklagte ist in dieser Woche verhandlungsunfähig erkrankt und wird daher von der Richterin von diesem Verfahren vorläufig abgetrennt. Ebenfalls abgetrennt wird ein Angeklagter, dessen Verfahren eingestellt wird und bei der Angeklagten die die Ausländerbehörde im Nacken hat, ist es bereits eingestellt. Die Einstellungen sind mit der Auflage einer allgemeinen Erklärung zu Gewalt und einer Geldzahlung, sowie dem Verzicht auf Haftentschädigung, für ein paar Tage bei einer Person, erfolgt. Die Erklärungen, die gemacht wurden, sind sehr harmlose Erklärungen ohne Distanzierungscharakter, auch wenn das Gericht es pressewirksam als Distanzierung bezeichnet.
Die beiden Anklagten halten eine weitere Prozesserklärung, warum sie das Einstellungsangebot nicht angenommen haben.
Die Richterin geht super eilig mit Videos & Bildern der Augenscheinsliste weiter, immer wieder von Erklärungen der Verteidigung unterbrochen, z.B. zu der Rechtswidrigkeit bei der „Auflösung“ der Demo durch die BFE Blumberg. Worauf die STA in Meesenburg erwidert, die Demo sei ja nicht angemeldet gewesen, also natürlich vom Versammlungsrecht geschütz, aber nur wenn sie friedlich sind und hier sind ja Steine geflogen. Die Richterin eilt so durch die Liste, das sie mittags die zweite Augenscheinsliste verteilt um sie Nachmittags zu beginnen. Sie sichert zu, dass bis zum übernächsten Prozesstag Erklärungen dazu abgegeben werden können. Zum Ende des Prozesstags sind alle Videos & Bilder des Verfahrens, die sie zeigen will, durch.
Die Verteidigung stellt den Antrag ein Video des „Tag der offenen Tür“ der BFE Blumberg in Augenschein zu nehmen, in dem eine rechtskonforme Versammlungsauflösung zu sehen ist, bei der eine Gruppe, als ‚Protestler‘ verkleidet, Steine in Richtung der Uniformierten wirft. 
Da der vorgesehene Zeuge für den kommenden Vormittag krank ist, soll dieses Video gesehen werden, außerdem Videos mit Interviews von Leuten, die auf der Demo waren.
4. Prozesstag am 9.2.
Es werden die angekündigten Videos geschaut, sowie weitere Bilder, von denen zu vermuten ist, das die Staatsanwaltschaft die gerne sehen wollte. Die Verteidigung stellt aufgrund dieser Bilder den Antrag eine andere Akte bei zuziehen. Was die Richterin machen wird. Am Nachmittag kommt der 1. Zeuge, ein LKW Fahrer, der nähe Volksparkstadion seinen Kaffee getrunken hat. Er berichtet das er Angst hatte, vor der in mäßigem Tempo vorbeiziehenden „komplett schwarzen“ Demo & als er nach einer Weile Richtung Autobahn losgefahren ist Panik vor der Polizei hatte, die „schwer bewaffnet,in Fahrzeugen“ war. Außerdem hat er eine 3D Sichtschwäche und trug als er die Demo gesehen hat seine Brille dafür nicht.
Die Richterin beschließt zum Prozessende, das ab dem 23.2. im deutlich kleineren Staatsschutz Raum 288 verhandelt wird.
Weitere Prozesstage sind am: 22.2.und 23.2., 14.3 und 15.3,21.3.und 22.3., 11.4 und 12.4 sowie 25.4.,16.5.und 17.5, 30. und 31.5. terminiert ist bis August. Polizeizeug:innen sind ab dem 11.4. geplant, chronologisch ab Volkspark.

Es geht um unser aller Versammlungsrecht!

Lasst die Angeklagten nicht allein!

Kommt zum Prozess!